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Theater – AG entführte in die Abgründe von Schönheit und Seele

Gut gefüllt war das Atrium des Laubach – Kollegs am vergangenen Mittwoch bei der Aufführung „Das Bildnis des Dorian Gray“ der Theater AG. Das Stück von Cornelia Wagner, nach dem gleichnamigen Roman von Oscar Wilde, lebte in der Inszenierung der Regisseure Elisabeth Haas, Nils Endregat und Maike Rößler sowie unter der Gesamtleitung von Sabine Schüller von den kreativen und aufwändigen Kostümierungen und Kulissen (Maske: Jana Schepp und Katharina Schmidt) sowie der überzeugenden Darstellung der jungen Schauspieler. Schulleiterin Ellen Reuther bezeichnete denn auch den Theaterabend als einen der wiederkehrenden kulturellen Höhepunkte des Schuljahres und hob das empathische interkulturelle Zusammenwirken von Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufe sowie der Realschule für junge Erwachsene hervor. In der Pause sorgten die Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Deutsch (Q2) und des Grundkurses Deutsch (Q4) für das leibliche Wohl der Gäste.



Durch den stetigen Wechsel zwischen der großen Hauptbühne und einer kleinen Nebenkulisse im Atrium gewann die Inszenierung der AG und die inhaltliche Progression des Stücks an Dynamik. An einem kleinen Tisch seitwärts des Publikums interviewte der junge Reporter Oscar W. (Hazem Nassif), der für eine Frauenzeitschrift über „einflussreiche Männer der besseren Gesellschaft“ Londons recherchiert, die alternde Schauspielerin Mrs. Vane (Patricia Henrich). Sie ist die Mutter des jungen Mädchens Sybils (Susan Langbein), das sich seinerzeit aus Liebeskummer um Dorian Gray (Sarah Grimm) das Leben genommen hat. Mrs. Vane ist daher die einzige noch lebende Zeitzeugin. Ihre Erinnerungen und Vermutungen zu diesem „Scheusal“, passen so gar nicht zu dem Bild einer „Lichtgestalt“, das sich der junge Journalist gerne von Gray gemacht hätte. Und gerade deshalb weckt die schillernde, geheimnisvolle Gestalt immer stärker sein Interesse.
Dorian Gray, ein junger Engländer, dessen Schönheit auf seine Mitmenschen faszinierende Wirkung hat, wird von dem geistreich – zynischen Dandy Lord Henry (Elisabeth Haas) dazu verführt, in die tiefsten Abgründe seiner Seele zu blicken und die gesellschaftliche Moral als sinnlos zu betrachten: „Es gibt nur eine Mittel jung zu bleiben: Seine Dummheiten zu wiederholen! Heutzutage gehen die Menschen an ihrer schleichenden Vernunft zu Grunde. Frauen heiraten, weil sie neugierig sind, Männer, weil sie müde sind. Jeder Trieb vergiftet uns, man hat nur die Chance, sich ihnen hinzugeben. Nur dumme Menschen brauchen lange, um gefühllos zu werden.“
Der Lord verführt Dorian mit einem Blick auf dessen eigenes Portrait, welches der Maler Basil Hallward (Fabienne Domnowsky) von ihm angefertigt hat und das dem kaum Zwanzigjährigen mit einem Mal die ungeheure Attraktivität seiner Erscheinung wie auch deren Vergänglichkeit vor Augen führt. Auch Basil selbst erkennt schnell die Wucht von Dorians Erscheinung, sagt: „Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, den ich so gernhabe. Er ist mein Kunstwerk, die vollständige Harmonie zwischen Seele und Körper.“ Dorian selbst ist hingerissen und verletzt zugleich: „Wenn ich merke, dass ich alt werde, bringe ich mich um, denn eines Tages wird mich das Bild verhöhnen.“ Er wünscht sich, das Gemälde möge an seiner Stelle altern – doch die Erfüllung seines Traums fordert einen hohen Preis. Angeführt von Lord Henrys Zynismus verliert sich Dorian Gray in einer Lebensweise, die ihn in die tiefsten Abgründe seiner Seele führt und nach und nach den Verstand kostet. Plötzlich hat nur einen Wunsch: Genuss, ohne die Spuren von Alter und Laster tragen zu müssen und seine Jugend zügellos und rücksichtslos auszuleben.

Dorian Grey
Sarah Grimm
Lord Henry Wotton Elisabeth Haas
Basil Hallward Fabienne Domnowsky
Mrs. Vane Patricia Henrich
Oscar W. Hazem Nassif
Sybil Vane Susan Langbein
Jim Vane Ahmad Baghban
Alan Campbell Nils Endregat
Gladys, Hetty Mortin Hagerawit Kidane
Lord & Ladies

Sirag Abdu, Susan Langbein, Nils Endregat, Hagerawit Kidane, Fabienne Domnowsky

Maske Jana Schepp, Katharina Schmidt
Regie Elisabeth Haas, Nils Endregat, Maike Rößler
  Gesamtleitung Sabine Schüller
Sein makelloses Äußeres verleiht ihm dabei eine gefährliche Macht über seine Mitmenschen, die er kalt seinen Trieben opfert. Reihenweise verfallen ihm Männer wie Frauen. Dorian Gray ist dabei der teuflische Verführer inmitten einer oberflächlich feinen Gesellschaft (dargestellt von Sirag Abdu, Hagerawit Kidane, Nils Endregat, Susan Langbein und Fabienne Domnowsky), scheinbar unverwundbar hinter der Maske seiner engelshaften Erscheinung. Erstes Opfer ist dabei Schauspielerin Sybil Vane, der Dorian in seinem Hochmut die individuelle Persönlichkeit abspricht („Ohne die Kunst bist du nichts!“) und die sich daraufhin das Leben nimmt. Dorians aufkeimendes Gewissen („Warum berührt mich ihr Tod nicht so, wie ich will?“) kontert Lord Henry souverän: „Du hast den Blick für die Schönheit des Lebens. Das ist doch eine schöne Tragödie.“ Seine Frauen hätten es vorgezogen „weiterzuleben, fett und langweilig, keine hat getan, was sie für dich getan hat.“ Dorian entgeht daraufhin nur knapp der Rache von Sybils Bruder Jim (Ahmad Baghban), der ihn an der Themse erschießen will, sich aber auch von seiner Erscheinung täuschen lässt. Dorian verbietet schließlich Basil, sein Bild auszustellen, woraufhin dieser das Porträt erblickt und erkennt, dass sich dessen Antlitz mittlerweile in das Gesicht eines Dämons verwandelt hat und in dem Dorian kaum noch erkennbar ist. Basil begreift den Grund der Veränderung – da ersticht ihn Dorian mit einem Messer: Er weiß, „Das Bild ist meine Seele.“ Er lässt den jungen Chemiker Alan Campbell (Nils Endregat) holen, gegen den er erpresserisches Material besitzt. Er zwingt Campbell, die Leiche zu beseitigen.
Als Dorian auf einem Spaziergang in eine Jagdgesellschaft gerät, wird versehentlich ein Treiber erschossen. Dorian ist entsetzt, doch die Jäger machen nicht viel Aufsehen darum. Als Dorian erfährt, dass es sich um Jim Vane handelt, beschließt er, sein Leben zu ändern, um die einstige Schönheit seines Bildes und damit seiner Seele wiederzulangen. Er lässt sich mit dem Bauernmädchen Hetty Morton (Hagerawit Kidane) auf eine scheinbar unschuldige Liaison ein, Hetty begeht jedoch nach der Begegnung mit Dorian ebenfalls Suizid. Als Dorian Lord Henry gegenüber durchblicken lässt, er habe Basil ermordet, glaubt ihm Lord Henry nicht. „Mord und Kunst sind nur eine Methode, außergewöhnliche Empfindungen hervorzurufen.“ Dorian versucht verzweifelt, den skeptischen Henry von der Existenz der Seele zu überzeugen: „Die Seele ist eine schreckliche Wirklichkeit. Man kann sie kaufen und verkaufen und um ihren Preis feilschen. Man kann sie vergiften oder vervollkommnen. In jedem von uns ist eine Seele. Ich weiß es.“ Auf einem nächtlichen Spaziergang bereut Dorian den Hochmut seines Wunsches um ewige Jugend. Dorian begreift, dass ihn nichts reinwaschen kann, erst recht keine Selbstverleugnung. Er beschließt, das letzte verbliebene Beweisstück für den Mord an Basil Hallward zu zerstören, und zückt das Mordmesser gegen das Bild. „So, wie es den Maler getötet hatte, würde es auch das Werk des Malers töten, und alles, was es bedeutete“ – dann, glaubt Dorian, werde er befreit sein. Als die Dienstboten seine Leiche finden, ist sie kaum zu erkennen, sie hat „ein verlebtes, runzeliges, widerwärtiges Gesicht“. Das Porträt dagegen erstrahlt „in vollem Glanz seiner köstlichen Jugend und Schönheit“.
Schulleiterin Ellen Reuther spricht allen Beteiligten den Dank für ihr großes Engagement aus und dankt besonders AG-Leiterin Sabine Schüller mit einem Blumenstrauß, die sich wiederum bei den drei Regisseuren Elisabeth Haas, Nils Endregat und Maike Rößler für ihren Einsatz bedankt.

Bilder und Text: J.H. Müller

Seitengestaltung: H.Reuther

 

 

 

 

 


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