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" Sieh nun herab von deiner heiligen Wohnung, vom Himmel, und segne dein Volk Israel und das Land, das du uns gegeben hast, wie du unsern Vätern geschworen hast, ein Land, darin Milch und Honig fließt." (5 Mo 26,15)
Eine gesegnete Adventszeit wünsche ich allen unseren Leserinnen und Lesern des diesjährigen Weihnachtsbriefes, vor allem aber euch, liebe Schülerinnen und Schüler des Laubach-Kollegs!
Auf dem Lehrplan für dieses Halbjahr steht für das Fach Religion immer die Geschichte von Mose und dem brennenden Dornenbusch. In dieser Geschichte erhält Mose den Auftrag, das Volk Israel in das Gelobte Land zu führen, in dem Milch und Honig fließen. Milch und Honig sind Sinnbilder für ein gesegnetes Leben. Die Menschen sollen also die Fleischtöpfe und Annehmlichkeiten Ägyptens verlassen und durch die Wüste, und den in ihr wohnenden Unannehmlichkeiten trotzend, in ein Land ziehen, das lieblich sein soll. Ein guter Ort, um dort zu bleiben. In Freiheit und in Selbstbestimmung, also in dem Land, darin Milch und Honig fließen. Gemeint ist der Ort, an dem sich heute Israelis und Palästinenser, Juden, Christen und Muslime, Orient und Okzident mischen, Ort blutiger Kriege und Konflikte. Ein Ort grenzenloser Hoffnung und Sehnsucht nach Frieden und Erlösung. Damals wie heute ist dieser Wunsch den Menschen präsent. Passend zu dieser Sehnsucht ist ein Vers aus dem 5. Buch Mose: " Sieh nun herab von deiner heiligen Wohnung, vom Himmel, und segne dein Volk Israel und das Land, das du uns gegeben hast, wie du unsern Vätern geschworen hast, ein Land, darin Milch und Honig fließt."
Für Christen schwingt da die weihnachtliche Botschaft vom Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen mit. In und durch Jesus sind wir zum Bund Gottes mit Israel hinzu erwählt worden, eingeladen, als wanderndes Gottesvolk durch die Zeit zu gehen, bis Gott uns am Ende in die Arme schließt.
Interessant dabei ist für mich die Entdeckung, dass für das Volk Israel ein Verweilen im Gelobten Land, bei Milch und Honig, erst möglich ist, wenn man die Wüste durchwandert hat. Mit dem christlichen Advent ist die Vorstellung verbunden, dass wir warten, bis sich die Zeit erfüllt. Bis es endlich so weit ist, dass durch Jesu Geburt Friede, Recht und Gerechtigkeit kommt. Fast ist es so, als ob wir darauf warten, dass Milch und Honig uns geschenkt oder gar dargereicht werden. Nicht umsonst hat diese Vorstellung die Gedanken an das Schlaraffenland bereichert. Während für das jüdische Denken unerlässlich ist, sich zu Gott und auf Gottes Gabe hin zu bewegen, scheint das christliche Denken verharren zu wollen. Innehalten und sich gedanklich vorbereiten für das, was da wohl kommen mag, bei der Bescherung am Tage "X-Mas".
Ist das Trägheit des Geistes? Ist es das Wissen eines Weisen, dass es Gott ist, der letztlich unser Wollen und Tun gelingen lässt?
Was immer es auch ist, selten habe ich diesen Unterschied so deutlich gespürt wie in den letzten Wochen. Wie oft wollte ich im Advent innehalten, Ruhe finden, besinnlich sein. Statt dessen erlebe ich diese Zeit fast besinnungslos. Die Klausuren müssen noch unter Dach und Fach gebracht werden, die Geschenke gekauft und die Weihnachtsfeiern in Gruppen und Kreisen, im Dienst und im Verein abgefeiert werden. Nein, einer Wüste vergleichbar ist das nicht. Eher einem Dschungel oder einem lauten turbulenten Basar. Gesegnet, wer es vermag, Abstand zu gewinnen und in die Wüste, die Ruhe, die Klarheit und Kargheit einzutauchen. Bei etwas Milch und Honig - oder sollte ich sagen: bei Milchkaffee und Honigkuchen - in der Atemlosigkeit des Alltags einmal nichts zu erledigen zu haben und einfach innerlich zur Ruhe zu kommen. Ja, so habe ich es oft in Adventsandachten gesagt und allen Beteiligten auch gewünscht. Und natürlich auch dieses Mal. Dieser Wunsch gilt allen, die diese Zeilen lesen. Und dennoch. Vielleicht muss man um anzukommen, durch die Wüste wandern - auch in adventlicher Zeit. Innerlich verharren und doch mit leichtem Gepäck weitergehen. Nicht stehen bleiben. Tasten und suchen nach dem richtigen Weg. Um innerlich bereit zu sein, im Gelobten Land anzukommen, um Milch und Honig fließen zu sehen. So scheint es beides zu sein. Das Warten des christlichen Advents und das Gehen des Gottesvolkes.
So wünsche ich allen eine besinnliche Adventszeit. Verweilt und macht euch innerlich bereit auf die Geburt von Jesus und bewegt euch auf Weihnachten zu. (Ich habe gehört, es kommt doch immer wieder unerwartet und plötzlich - fast wie jedes Jahr).
Euer Pfarrer Schön |
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