Erwartung

 

Was kann man von einem Oberstufenkolleg in kirchlicher Trägerschaft erwarten?
Sehr nette Kollegen, die alle so einen Heiligenschein haben, dass sie damit im Dunkeln lesen können. Die Kollegen sind zudem so hilfsbereit, dass sie den neuen Kollegen (also mich) mit Materialien und fertigen Unterrichtsentwürfen überschütten, ihm die Korrektur der Klausuren abnehmen und ihm in jeder Weise unterstützend unter die Arme greifen, damit sein Fuß ja nicht an einen Stein stoße.
Schülerinnen und Schüler beten selbstredend vor jeder einzelnen Unterrichtsstunde für das Wohl des Lehrers und einen gelingenden Unterricht, bringen dem Lehrer jeden Tag einen frischen roten Apfel mit und sind begierig darauf, Bibelstellen auf griechisch oder hebräisch als Hausaufgabe auswendig zu lernen.
Das Schulgebäude ist von einer sakralen Aura umgeben, die es jedem Menschen unmöglich macht, darin nur einen bösen Gedanken zu denken. Sekretärin und Hausmeister schweben mit weißen Flügeln durch die Flure und die Klassenräume sind durchgehend mit Schäfchenwolken ausgelegt.
Die Wirklichkeit ...
Zugegeben, das waren nicht wirklich meine Erwartungen, die ich an das Laubach-Kolleg hatte. Wenn ich sie gehabt hätte, wäre ich ein klein wenig enttäuscht worden – aber nur ein klein wenig! Denn wie sieht es in Wahrheit am Laubach-Kolleg aus?
Die Kollegen sind sehr nett und kollegial, unterstützen mich nach Kräften und teilen hilfsbereit ihr Material mit mir. Auf Lektüren unter dem Heiligenschein musste ich aber bisher leider verzichten.
Die Schülerinnen und Schüler sind junge Menschen, die sich wie Schülerinnen und Schüler benehmen und sich auch manchmal darüber ärgern, dass man im Fach Religion wissenschaftlich arbeitet und nicht Harfe spielt und Hosianna singt – zumindest nicht ausschließlich. Sie sind sich aber auch ihrer besonderen Lage bewusst und genießen die Freiheiten, die sie hier an der Schule haben. Bisher habe ich auch noch keinen einzigen Apfel bekommen – dafür immer wieder leckeren Kuchen!
Das Gebäude ist nicht von einer sakralen Aura umgeben, sondern von einem Baugerüst. Es wird viel gearbeitet am Laubach-Kolleg - und das nicht nur im Unterricht.
Alle Bemühungen sind hier darauf ausgerichtet, dass die Unterrichtszeit möglichst angenehm, dabei aber sinnvoll und effektiv genutzt und gestaltet wird und man darüber hinaus niemals vergisst, dass Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer keine Übermenschen sind, die alles bewältigen können, sondern ganz normale Menschen, die auch als Menschen wahrgenommen werden wollen.
Die Entwicklung ...
Es ist nebensächlich, was ich vom Laubach-Kolleg erwartet habe, denn bis jetzt hat es alle meine bisherigen Erfahrungen mit Schule bei Weitem übertroffen und oft habe ich den Eindruck, dass es nicht nur mir, sondern auch den Schülerinnen und Schülern so geht.
Natürlich hat man gerade als Anfänger sehr viel zu tun und es gibt keinen Tag, an dem ich mein Tagewerk mit dem Gedanken: „So, fertig für heute!“ beenden kann, aber es macht auch sehr viel Freude, mit so einem Kollegium, mit solch einer Schülerschaft – kurz: mit solchen Menschen arbeiten zu dürfen.
Ich werde noch sehr viel lernen und sehr hart an mir arbeiten müssen, um vor mir sagen zu können, dass ich zu Recht an so einer himmlischen Schule gelandet bin. Aber mein Eindruck bislang ist, dass ich sehr nette Menschen an meiner Seite habe, die mich dabei unterstützen und mich auch auffangen, falls mein Fuß mal an einen Stein stoßen sollte.

Christian Obermayer

 
     
     
 

 

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